Im Literarischen Colloquium Berlin werden regelmäßig eintägige Fortbildungen für Übersetzer*innen und andere Sprachinteressierte angeboten. Ging es im September 2019 um diskriminierungssensibles Schreiben und Übersetzen (vgl. meinen Bericht hier im Blog), stand als nächstes das Thema Sprachwandel und -lenkung in allgemeinerer Form auf dem Programm. Als Referentin eingeladen war dazu Ulla Fix, emeritierte Linguistik-Professorin der Uni Leipzig, die ihre linguistischen Forschungsfragen immer wieder auch an literarische Texte gerichtet hat (vgl. Publikationsliste auf ihrer Homepage). Unter dem Vortragstitel »Was trauen und was muten wir den Wörtern zu?«, gab sie einen Überblick über verschiedene Arten der Sprachlenkung durch die »unsichtbare«, die »sichtbare« und die »individuelle Hand«.
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Archive for the ‘Erlebt’ Category
»Rede so, dass sich alle angesprochen fühlen.« Die Maxime der Lockerheit und andere Faktoren im aktuellen Sprachwandel
Posted in Erlebt, Informiert, tagged Demokratie, Gender, Geschichte, Gesellschaft, Kommunikation, Sprache on 28. Februar 2020| Leave a Comment »
Trau keiner Übersetzungsmaschine, die du nicht selbst trainiert hast
Posted in Erlebt, Informiert, tagged 'Zwei Kulturen', Übersetzung, DeepL, Google, GPT-2, Künstliche Intelligenz, Literatur, Literaturbetrieb, Mensch vs. Maschine, Twitteratur, Urheberrecht on 17. Januar 2020| Leave a Comment »
Vielleicht weckt der Begriff »Künstliche Intelligenz« (KI) falsche Erwartungen. Maschinen können nicht denken. Sie rechnen. Wie genau sie das tun und was das für maschinelle Übersetzungen und Texte bedeutet, darüber war am 1. November 2019 im LCB viel zu erfahren. Der von Hannes Langendörfer und Nina Thielicke grandios konzipierte Übersetzertag des DÜF unter dem Titel »Geist in Maschinen. Übersetzung in Zeiten künstlicher Intelligenz« bot ein vielfältiges Programm zum Thema (Programmübersicht auf uebersetzerfonds.de).
Wie Maschinen übersetzen

Samuel Läubli beim Übersetzertag des Deutschen Übersetzerfonds im November 2019; Foto: mimmiamara
Zum Einstieg nannte Samuel Läubli, Computerlinguist und Experte für KI an der Universität Zürich sowie Partner und CTO bei TextShuttle, »drei Gründe, warum wir maschinelle Übersetzung nicht unterschätzen sollten«. Bremse er vor Informatiker*innen meist eher die KI-Euphorie, wolle er hier umgekehrt zeigen, was tatsächlich schon möglich und relevant sei. Dafür erklärte der sympathische junge Mann mit Schweizer Akzent zunächst in groben Zügen die Funktionsweise maschineller Übersetzung: Damit KI menschliche Übersetzungen imitieren kann, braucht es mindestens 20 Millionen übersetzte Sätze als Trainingsdaten. Die Maschine lernt daraus keine Grammatikregeln, sondern bringt über wiederholte Rechenvorgänge die Bedeutungsräume in der Ausgangs- und Zielsprache über eine Zuordnungsfunktion in Verbindung. Sie stützt sich auf die Wahrscheinlichkeit der Wortfolge aus dem Trainingsmaterial. Die Maschine arbeitet also nicht mit Bedeutungen, sondern mit der Oberfläche der Zeichenfolgen. So ist für sie beispielsweise ein Wort in Großbuchstaben ein anderes Wort.
Drei Gründe, KI-Übersetzungen nicht zu unterschätzen
Warum nun sollten wir diese eigentlich eher »dummen Maschinen« trotzdem nicht unterschätzen?
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Eiertanz ist auch eine Form von Tanz – die Suche nach nicht verletzenden Worten geht weiter
Posted in Erlebt, Informiert, tagged Buchmesse, Diskriminierung, Diskussion, Gender, Literatur, Literaturbetrieb, Männer und Frauen, N-Wort, Rassismus on 29. November 2019| 1 Comment »

Miriam Mandelkow, Andreas Nohl, Mithu M. Sanyal und Ingo Herzke (v.l.) auf dem Podium der Buchmessen-Veranstaltung »N-Wort und Gender-Gap: Wie politisch korrekt sind Übersetzungen?«; Foto: mimmiamara
Nachdem in den akademischen Kreisen, in denen ich mich lange aufgehalten habe, schon vor etlichen Jahren eine Auseinandersetzung mit diskriminierungssensibler Sprache stattfand, scheinen solche Fragen nun endgültig auch bei einem Großteil künstlerischer Praktiker*innen des Literaturbetriebs virulent zu sein. Nach einer Fortbildung im Literarischen Colloqium Berlin im September (vgl. meinen Fortbildungsbericht) gab es auch auf der Frankfurter Buchmesse eine Veranstaltung mit dem Titel »N-Wort und Gender-Gap: Wie politisch korrekt sind Übersetzungen?« Auf dem Podium saßen Miriam Mandelkow, Übersetzerin aus dem Englischen, Andreas Nohl, Autor, Herausgeber und Übersetzer aus dem Englischen, und Mithu M. Sanyal, Kulturwissenschaftlerin, Journalistin und Autorin. Moderiert wurde das Gespräch von Ingo Herzke, Übersetzer aus dem Englischen. (mehr …)
Das Paradox der Buchmesse
Posted in Erlebt, tagged Übersetzung, Buchmesse, Digitalisierung, Literatur, Literaturbetrieb on 25. Oktober 2019| Leave a Comment »

Kein & Aber-Stand, Frankfurter Buchmesse 2019; Foto: mimmiamara
»Ich glaube, das ist einer der meistfotografierten Stände«, höre ich eine bekannte Stimme sagen, als ich gerade aus dem Buchmessenstand des Verlags Kein & Aber heraustrete. Die Kollegin könnte recht haben. Auch ich hatte zuerst ein Foto gemacht, bevor ich mir genauer ansah, wie der Verlag seine Neuerscheinungen ausstellt. (mehr …)
Ästhetik ist kein Totschlagargument – über ethische Entscheidungen beim Verfassen und Übersetzen von Literatur
Posted in Erlebt, Rezipiert, tagged Übersetzung, Diskriminierung, Empathie, Ethik, Gender, Literatur, Moral, Rassismus, Schreiben, Sprache on 9. September 2019| 1 Comment »
Am 5. September hatte das Literarische Colloquium Berlin zu einer ganztägigen Übersetzer*innen-Fortbildung zum Thema »Fremde Texte – eigene Texte« eingeladen. Die Übersetzerinnen Gabriele Leupold und Eveline Passet, Kuratorinnen dieser Fortbildungsreihe, sagten einleitend, das Thema sei u.a. inspiriert von der Welle hochkochender Emotionen im Mailing-Forum des Berufsverbands der Literaturübersetzer*innen, nachdem der Verbandsname geschlechtergerechter angepasst wurde zu »Verband deutschsprachiger Übersetzer/innen literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V.« (mit Slash, also keineswegs allzu neumodisch oder diversere Geschlechter mitberücksichtigend, und man kann nicht behaupten, dass der Name vorher besonders griffig gewesen wäre, weshalb intern ohnehin alle nur VdÜ sagen). Es solle jedoch nicht nur um das Gendern gehen, sondern allgemeiner darum, inwieweit wir beim Übersetzen von Texten eigene Anpassungen vornehmen.

Anatol Stefanowitsch stellte seinem Vortrag im LCB eine Inhaltswarnung voran.
Um hochkochende Emotionen ging es auch im Vortrag des Sprachwissenschaftlers Anatol Stefanowitsch, bekannt u.a. durch Sprachlog.de und den »Anglizismus des Jahres«. (mehr …)
Was Italiener*innen in Berlin tun und vor allem lassen sollten
Posted in Erlebt, Rezipiert, tagged Berlin, DDR, Empathie, Italiener, NS, Pizza, Radwege, Taschendiebe, Verantwortung, Vergangenheit, Zensur on 16. August 2019| Leave a Comment »
Derzeit höre ich in Berlin noch öfter Italienisch als üblich, weil sich den hier lebenden Italiener*innen, die ich in Läden oder auf Spielplätzen in meinem Kiez treffe, noch die sommerlichen Städte-Tourist*innen hinzugesellen.
Diese bekommen auf http://www.cosafarei.it/berlino 13 Tipps, was sie in Berlin unbedingt machen sollten. Spannender als die einigermaßen vorhersehbaren touristischen Highlights fand ich die anschließenden vier Hinweise, was Italiener*innen in Berlin lieber nicht tun sollten:
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Fiktionsbescheinigungen und Zebras – ein erhellender James-Baldwin-Abend im LCB
Posted in Erlebt, Informiert, Rezipiert, tagged Übersetzung, Bücher, Diskussion, Diversität, Intersektionalität, Lesung, Literatur, N-Wort, Politik, Schriftsteller, Wissen on 9. März 2019| Leave a Comment »
Am 6. März 2019 hatte das Literarische Colloquium Berlin sich und uns James Baldwin »auf Wiedervorlage« gelegt (vgl. Veranstaltungsankündigung). Erster Programmpunkt war der Dokumentarfilm I Am Not Your Negro (Raoul Peck, 2016), der auf beeindruckende Weise deutlich macht, wie aktuell Baldwins Werk auch heute noch ist und dass die notwendige grundlegende Veränderung der Verhältnisse noch immer aussteht.
Anschließend waren die Übersetzerin Miriam Mandelkow, deren Neuübersetzungen von Baldwins Werken seit 2018 bei dtv erscheinen, und die Autoren Max Czollek, Michael Götting und Temye Tesfu eingeladen, Lieblingstextstellen aus Baldwins Texten vorzustellen und zu diskutieren. (mehr …)
Stippvisite auf der Frankfurter Buchmesse 2018
Posted in Erlebt, Rezipiert, tagged Antisemitismus, Buchmesse, Kultur, Literatur, Schriftsteller, Verlag on 12. Oktober 2018| Leave a Comment »
Zwischen Familie, Beruf und Berufung war dieses Jahr nur ein halber Tag in Frankfurt drin, aber auch in ein paar Stunden auf der Buchmesse kann mensch viele Inspirationen tanken, auf Schritt und Tritt alte Bekannte treffen und sich gepflegt betrinken.
Frisch angekommen, schlendere ich durch Halle 3.1 und wundere mich gerade noch, warum der Stand der Deutschen Bundesbank direkt neben den Religionen zu finden ist. Soll man auch an sie glauben?
Über das Leben mit dem täglichen Antisemitismus
Da stolpere ich schon in eine Veranstaltung, auf der Bloggerkollegin Juna Grossmann ihr aktuelles Buch Schonzeit vorbei. Über das Leben mit dem täglichen Antisemitismus vorstellt (mehr auf https://irgendwiejuedisch.com). Sie plädiert für die Beschäftigung mit lebenden statt nur mit toten Jüdinnen und Juden. Es sollte auch in der Bildung viel mehr um heutiges jüdisches Leben gehen; statt Gedenkstätten zu besuchen, also z.B. Bücher lebender Jüdinnen*Juden lesen. Weil die jüdische Gemeinde eher klein ist und nicht jede*r persönlich eine Jüdin kennt, gibt es u.a. Aktionen wie „rent an jew“ für Schulklassen. (mehr …)
Grillen Übersetzer*innen Ameisen?
Posted in Erlebt, Heureka!, tagged Übersetzung, Diskussion, Literatur, Schreiben, Sprache on 5. November 2017| Leave a Comment »
Wie ein Abend im Italienischen Kulturinstitut auf tierische Art den Spieltrieb weckte

Die Übersetzer*innen Walter Kögler, Amalia Urbano, Michaela Heissenberger und Martina Kempter gestalten einen anregenden Abend im Italienischen Kulturinstitut Berlin; Foto: Rita Seuss.
Alljährlich am 30. September, dem Todestag des Bibelübersetzers Hieronymus im Jahre 420, wird der Internationale Übersetzertag gefeiert. Zahlreiche Veranstaltungen machen an diesem Tag auf die Bedeutung übersetzter Literatur aufmerksam und zeigen, wer hinter den Übersetzungen steht. Da uns Übersetzungen auch an allen anderen Tagen des Jahres begegnen, mag der Bericht über eine anregende Veranstaltung im Rahmen des diesjährigen Hieronymustags hoffentlich auch mit einem guten Monat Verspätung noch Interesse wecken. (mehr …)